Motorrad
Reifen
Wissenswertes
Die Bereifung ist ein zentrales Konstruktionselement des Motorrads.
Reifen müssen deshalb gem. der Reifen- Normvorschrift ECE R 75 aufgebaut sein und hergestellt werden.
So wie andere Fahrwerkskomponenten (Gabel, Rahmen, Lenklager, Stoßdämpfer, Bremsen etc.) können sie das Fahrverhalten, die Lenk- und Spurstabilität beim Bremsen und Beschleunigen oder den Geradeauslauf erheblich beeinflussen. Motorräder, die auf hohe Fahrgeschwindigkeiten ausgelegt sind, benötigen indessen andere Reifenkonstruktionen als eher auf Gewichtsaufnahme ausgelegte Langstreckentourer oder geländegängige Enduros.
Schmalere Reifen auf den Vorderrädern verringern den Aufstelleffekt beim Bremsen in Kurven; ferner können sich Reifen bei schlechter oder unebener Wegstrecke entsprechend ihrer von der jeweiligen Bauart abhängenden Dämpfungseigenschaften positiv oder negativ auf das sogenannte Lenkerschlagen auswirken.
Je nach Funktion und Einsatzzweck ist die Karkasse in radialer, diagonaler oder in beide Aufbauarten kombinierender Weise aufgebaut.
Schlauchlose Reifen können im Einzelfall auch mit Schlauch gefahren werden. Eine derartige Kombination ist regelmäßig mit den Fachbetrieben abzuklären und z. B. von der Betriebsform des Motorrads und der Bauweise der Felge abhängig.
Reifen sind ein wichtiges Bauteil der konstruktiven Fahrsicherheit
Tipps für optimale und sichere Fahreigenschaften des Motorrades
- Vorgeschriebenen Mindestluftdruck einhalten (siehe Fahrzeugbetriebsanleitung).
- Maximale Tragfähigkeit nicht überschreiten! Load-Index und zulässige Gesamtmasse siehe Fahrzeugschein.
- Stoßbeanspruchungen vermeiden; auf Bordsteinkanten achten.
- Reifen regelmäßig auf Beschädigungen und den Luftdruck prüfen.
- Profiltiefe an den Hauptprofilrillen nie unter 1,6 mm.
- Optimale Fahreigenschaften werden nur erreicht, wenn vorne und hinten die freigegebenen und zulässigen Reifendimensionen und –Fabrikate montiert sind.
- Falls erforderlich, den zum Reifen passenden Schlauch wählen. Werden Reifen erneuert, sollten auch neue Schläuche eingesetzt werden. Talkumpuder hilft den Schlauch beim Befüllen in die richtige Lage innerhalb des Reifens zu positionieren.
- Ventile durch Kappen schützen. Bei schlauchlosen Reifen sollten neue Ventile eingesetzt werden.
- Nur vorgeschriebene Felgen in einwandfreien Zustand verwenden. Spezialfelgen bedürfen einer Genehmigung (z.B. Allgemeine Betriebserlaubnis).
Weitere Infos zum Thema Reifen
Die Reifenbindung
wichtiger Hinweis zur Reifenumrüstung an Motorrädern
Im Verkehrsblatt 15-2019 wurde die Praxis der Reifenumrüstung an Motorrädern neu festgelegt. Die bisher gängige Praxis mit Unbedenklichkeitsbescheinigungen über abweichende Reifen ist nicht länger gültig. Diese Bescheinigung darf nicht länger als alleiniger Nachweis über eine gefährdungsfreie Montage herangezogen werden.
Gültig ist diese neue Vorgehensweise ab dem 01.01.2025 für alle Reifen.
Es werden folgende Fälle unterschieden: (vereinfachte Darstellung)
Fall 1: Fahrzeug mit EU-Typgenehmigung (im Serienzustand)
a) Gleiche Reifengröße, anderer Hersteller
zulässig; Eine Abnahme und Eintragung ist nicht erforderlich; Service-Information der Reifenhersteller kann hier als reine Information dienen.
b) geänderte Reifengröße, die innerhalb der original eingetragenen Größe liegt
Wenn in der Zulassungsbescheinigung mehrere Größen eingetragen sind und die neuen Reifen sich in diesem Bereich bewegen, ist auch hier die Änderung ohne Weiteres zulässig; Auch hier dient die Service-Information der Reifenhersteller als reine Information.
c) geänderte Reifengröße oder geänderte Reifenbauart
Werden andere Reifengrößen oder eine andere Reifenbauart montiert, erlischt die Betriebserlaubnis. Hier bedarf es einer Begutachtung und Eintragung in die Zulassungsbescheinigung. Die ausgestellte Herstellerbescheinigung der Reifenhersteller kann hier als Prüfgrundlage für die Begutachtung dienen.
Fall 2: Fahrzeug ohne EU-Typgenehmigung (alte Fahrzeuge mit ABE)
eine Verwendung anderer Reifen, als der aufgeführten, ist nicht zulässig. Hier bedarf es einer Begutachtung und Eintragung in die Zulassungsbescheinigung.
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr oder auf der Seite des ADAC.
Die Fahrzeughalterinnen oder der Fahrzeughalter stehen für die ordnungsgemäße Ausrüstung und den sicheren Betrieb seines Fahrzeugs und damit für die richtige und zulässige Reifenwahl in der Verantwortung. Wer von den homologierten Reifenmodellen abweichen möchte, sollte dringend den Fachhandel konsultieren und die Eintragungen in der Zulassungsbescheinigung und im Betriebshandbuch prüfen.
Beispiele für Service-Informationen
Reifenbezeichnungen
Motorradreifen mit den Größen- und Modelldaten
Geschwindigkeitssymbole bei Motorradreifen mit bbH über 150 km/h
(Auszug Tabelle über Geschwindigkeitsindex (maximal zugelassener Geschwindigkeitsbereich)
Die Reifenkennung mit dem Buchstaben „Z“ entstammt der Kennzeichnungsvorschrift vor der Einführung der aktuellen Reifennorm ECE R 75.
Die Produktionsdaten bestimmen das Reifenalter
Beispiel: 2014 (20 KW in 2014).
Karkasse, Laufflächenprofil und Gewebeaufbau der Motorradreifen sind starken Belastungen ausgesetzt. Witterungseinflüsse und Sonneneinstrahlung können den Alterungsprozess und damit die Qualität des Reifens beeinflussen.
Das Produktionsdatum des Motorradreifens ist der sogenannten DOT-Nr. zu entnehmen. Diese wird seit Januar 2000 in 4 Ziffern angegeben. Bestehen seitens des Reifen-Herstellers keine anderen Informationen, sollte ein Reifen allgemein nach 10 Jahren nicht mehr verwendet werden. Mit Qualitätseinbußen ist je nach Lagerung bereits ab einem Alter von 6 Jahren zu rechnen.
Die ersten beiden Ziffern bezeichnen die Produktionswoche die letzten beiden das Produktionsjahr.
Konstruktionsmerkmale eines Motorradreifens
Radial, diagonal oder beides? Findet sich ein „R“ in der Reifenkennzeichnung, deutet dies auf eine radiale Bauweise bei der Karkassenkonstruktion hin.
Von Reifenwulst zu Reifenwulst eingelegte (Stahl-) Cordfäden verlaufen im 90 Grad Winkel um den Motorradreifen. Die Karkasse besitzt hier maximal zwei Schichten. Durch diese Konstruktionsweise wird die Verformung des Reifens gerade bei hohen Geschwindigkeiten begrenzt. Die Kurvenstabilität steigt aufgrund der Steifigkeit des Reifens im Reifenaufstandsbereich, ohne Komfort einzubüßen.
bias-belted-Reifen
Der sogenannte bias-belted-Reifen kombiniert beide Konstruktionsarten. Über eine in Diagonal-Konstruktion aufgebaute Karkasse werden Kunststofffäden (z.B. Kevlar) in Gürtellagen gelegt und dadurch die Belastbarkeit des Reifens erhöht. Reifen mit bias-belted Struktur sind in der Reifenkennzeichnung durch ein eingefügtes „B“ zu erkennen. Beispiel: 160/70 HB 16.
Reifen in Diagonal-Konstruktion
Während sich bei Pkw zwischenzeitlich Reifen in Radialbauweise durchgesetzt haben, werden insbesondere bei älteren Motorrädern Reifen in Diagonal-Konstruktion verwendet. Bei dieser Reifenkennung ist anstelle des „R“ ein „- Bindestrich“ eingesetzt: Beispiel: 3.25 – 19 M/C 54 H.
Betriebskennung
Sind Reifen in der sogenannten Betriebskennung (Geschwindigkeits- und Tragfähigkeitskennzeichnung) mit der Zusatzangabe reinforced, „reinf.“, „load range C“, oder „6 PR“ gekennzeichnet, verfügen diese Reifen über eine höhere Tragfähigkeit bei etwas höherem Luftdruck. Die verstärkte Ausführung ist allerdings in der angegebenen Tragfähigkeitskennzahl bereits enthalten.
Tragfähigkeitskennzahl
Die Tragfähigkeit (Load Index) ist verschlüsselt auf der Reifenflanke angegeben.
In der Tabelle sind auszugsweise die Indexdaten in Gewichtsdaten aufgeschlüsselt. Tragfähigkeitskennzahl und Geschwindigkeitsindex des Reifens dürfen höher sein als die Daten in der Zulassungsbescheinigung, aber nicht geringer.
Der Reifenaufbau
Profiltiefe und Luftdruck
Gemäß § 36 StVZO beträgt u. a. bei Motorrädern die Mindestprofiltiefe 1,6 mm. Dies lässt sich leicht durch eine Kontrolle der Profilabnutzungsanzeige prüfen. Diese Indikatoren sind in die Profilrillen eingearbeitet und finden sich an den Stellen, die auf der Seitenwand mit „TWI“ markiert sind. Motorradreifen dürfen bei unzureichendem Profil nicht nachgeschnitten werden.
Die TWI-Markierung und die Gummistege zeigen an, welche Profilrillen sogenannte Hauptprofilrillen sind, die eine Mindestprofiltiefe haben müssen. Wenn die Stege ohne Absatz in die Profilblöcke übergehen, ist die gesetzliche Mindestprofiltiefe bereits unterschritten. Dann darf mit diesen Reifen nicht mehr gefahren werden.
Profilart und Profiltiefe sind für Spurtreue und Grip insbesondere auf nasser Fahrbahn ausschlaggebende Sicherheitsmerkmale. Die Fahreigenschaften der Reifen bestimmen sich maßgeblich über den vom Hersteller vorgegebenen, exakt am kalten Reifen eingestellten Luftdruck. Dieser sollte wöchentlich kontrolliert werden. Bei erhöhtem Reisegewicht durch Mitfahrer oder Gepäck ist der Luftdruck gem. Fahrerhandbuch anzupassen.
Neue Reifen
Die blanken Reifenaufstandsflächen sind bei Neureifen glatt. Der für ein spurtreues Beschleunigen und Bremsen erforderliche hohe Gleitreibbeiwert von 8 bis 10 m/sec² kann erst nach einigen Kilometern und entsprechender Reifentemperatur erreicht werden. Grundsätzlich sind die Reibbeiwerte erwärmter Reifen höher und der Grip dadurch besser.
Reifenpanne
Ob bei Luftverlust z.B. ein Schlauch in einen an sich schlauchlosen Reifen eingezogen oder der Reifen mit Luftverlust mit Reparaturkit wieder in Stand gesetzt werden kann, sollte nur ein Motorrad- oder Reifenfachhandel entscheiden.
Reparaturen an Reifen
Auch verstärkte Motorradreifen (reinforced) haben nicht die Notlaufeigenschaften wie Pkw-Reifen mit „runflat“- Konstruktion. „Runflat“ ermöglicht zwar bei Pkw aufgrund der versteiften Reifenwände die begrenzte Weiterfahrt mit bis zu 80 km/h. Für Motorräder ist diese Technik noch nicht am Markt. Reparaturen an den Seitenwänden des Reifens sind grundsätzlich unzulässig!
Werden Reifen nach Reparatur neu montiert, sollten diese neu ausgewuchtet werden. Weisen Reifen an der Flanke einen roten Punkt auf, sollte die Position des Ventils in Nähe des Wucht-Punktes sein.
Niederquerschnittsreifen
Insbesondere auf der Hinterachse werden je nach Modell und Möglichkeit bei leistungsstarken Motorrädern extrem breite Niederquerschnittsreifen oder bei Kultmotorrädern Pkw-adaptierte Reifengrößen montiert. Werden hierbei bauartbedingt knappe Distanzen zu Radantrieb (Kardan, Kette, Riemen) in Kauf genommen, muss bedacht werden, dass bei höheren Geschwindigkeiten, starker Beladung oder Luftdruckmangel der Reifen während der Fahrt ausdehnt und Fahrwerks- oder Antriebsteile berühren kann.
Reifenpflege
Werden Reifen gelagert, soll die Lagertemperatur 25 °C nicht überschreiten. Kontakt mit Heizquellen, säure- oder ölhaltigen Mitteln sind zu vermeiden. Steht das Motorrad über längere Zeit, sollte dieses entweder auf den Hauptständer gestellt sein oder die Reifenaufstandsflächen sollten gelegentlich gewechselt werden.
Winterreifen
Motorräder sind einspurige Kraftfahrzeuge und unterliegen deshalb nicht der situativen Winterreifenpflicht!
Hier der Wortlaut des § 2 Abs. 3 a Straßenverkehrsordnung:
Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen.
Satz 1 gilt nicht für
- Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
- einspurige Kraftfahrzeuge,
- Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
- motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug-Zulassungs-Verordnung,
- Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
- Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.
Reifenpaarung
Beim Motorrad dürfen nur Reifen derselben Bauart montiert sein. Durch den Wegfall der Unbedenklichkeitsbescheinigung kann es passieren, dass am Motorrad verschiede Reifenmarken montiert sind. Jedoch nur, wenn die Eigenschaften des Reifens und des Fahrzeugs den Vorgaben entsprechen.