Motorrad
Helm
Ein guter Motorradhelm nützt und schützt!
Schutzhelm-Pflicht: Während der Fahrt muss ein geeigneter Schutzhelm getragen werden.
Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen.
§ 21a (2) StVO Helmtragepflicht:
„Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.“
Mit dieser aktuell gültigen Vorschrift wurde die ursprünglich geltende Regelung der StVO, in Deutschland für Motorradfahrer und Mitfahrer das Tragen von geprüften und entsprechend gekennzeichneten Motorradschutzhelmen explizit vorzuschreiben, zunächst aufgegeben. Demzufolge dürfen derzeit auch Schutzhelme getragen werden, die nicht als offensichtlich ungeeignet einzustufen sind.
Geeignete Helme
Helme nach ECE-Richtlinie Nr. 22, sowie Helme mit offensichtlich ausreichender Schutzwirkung.
Geeignet im motorisierten Zweiradverkehr sind Helme, die eine amtliche Genehmigung nach ECE-Richtlinie Nr. 22 nachweisen können und entsprechend produziert wurden, sowie Helme mit offensichtlich ausreichender Schutzwirkung.
Keinen ausreichenden Schutz bieten z.B. Feuerwehrhelme, Bauhelme, Fahrradhelme, Bundeswehrhelme oder Helme von Rettungsdiensten.
Braincaps sind grundsätzlich ungeeignet!
Sogenannte Braincaps können den Eignungsnachweis regelmäßig nicht erbringen; diese Helme sind damit grundsätzlich ungeeignet!
Kriterien für eine ausreichende Schutzwirkung
Die Kriterien für eine ausreichende Schutzwirkung (Eignung) sind z.B. durch ordnungsgemäß angebrachte Genehmigungszeichen nach ECE-R Nr. 22 nachgewiesen.
Getestet werden Stoßfestigkeit, Gestaltfestigkeit und Trageeinrichtung, auch von Visieren
Alle zugelassenen Helme müssen seit Juni 2022 die neue ECE-R 22.06 Norm erfüllen. Diese testet neben den o.g. Punkten unter anderen auch die Rotationskräfte. Helme nach ECE-R 22.05 dürfen nicht mehr produziert, jedoch weiterhin verkauft und getragen werden.
TIPPS zum Kauf eines Motorradhelms
Genehmigungszeichen:
Nur nach ECE-R 22.05 oder ECE-R 22.06 Standard geprüfte Helme und für den öffentlichen Verkehrsraum freigegebene Visiereinrichtungen tragen.
Erkennbarkeit im Straßenverkehr:
Helm in hellen Farben wählen.
Tragekomfort:
Guter Sitz und angenehme Passform bei unterschiedlichen Witterungsverhältnissen sind wichtig. Helme aus dem Automobilsport sind oft zu schwer und deren Visierausschnitt klein. Ein gutes Belüftungssystem und geringer Geräuschpegel erhöhen Komfort und Sicherheit.
Fertigungsqualität:
Auf hohe Qualität der Innenausstattung (z.B. Verarbeitung und Sitzfestigkeit) achten. Visiereinrichtung und andere einstellbare Helmkomponenten sollten auch mit Handschuhen leicht zu bedienen sein.
Funktionalität:
Eine einfache und sichere Handhabung von Verschluss, Visiereinstellung und Belüftung erhöhen Sicherheit und Tragekomfort. Deshalb nur beschlagfreie und kratzfeste Visiere verwenden. Das Visier sollte in mehreren verschiedenen Stufen variabel eingestellt und fixiert werden können. Bildverzerrung der Visiere und Tönung prüfen. Brillenträger bei Anprobe Brille tragen.
Materialien/Eigenschaften
Duroplastischer Kunststoff:
Helmschale wird aus Glasfiber (GFK – Glasfaserverstärkter Kunststoff) oder Kohlefasern im Verbund mit chemischen Härteprodukten hergestellt. Dieser Werkstoff ist gegen Witterungseinflüsse- und Lösungsmittel relativ unempfindlich und gewährleistet eine lange Nutzungsdauer.
Thermoplastische Kunststoffe:
Helmschale wird aus
- PC = Polykarbonat
- PA = Polyamid oder
- ABS = Acryl-Butadien-Styrol
in Verbindung mit Harzen/Härterprodukten hergestellt. Diese Helme sind etwas leichter und günstiger in der Herstellung als GFK-Helme. Helme aus diesen Kunststoffen sind gegenüber Lösungsmitteln (Benzin, Klebstoffen o.ä.) sehr empfindlich.
Helmaustausch:
Ein Helmaustausch wird nach Gebrauch von 5 – 8 Jahren empfohlen. Die produktionsbedingte Beifügung sogenannter Weichmacher (diese halten den Kunststoff elastisch) kann die Alterungsbeständigkeit bei duroplastischen und thermoplastischen Kunststoffen reduzieren.
Unterschiedliche Helmarten
Die in Form und Ausführung unterschiedlichen Helmsysteme werden je nach Funktion oder Bauweise weiteren bzw. reduzierten Prüfungen unterzogen und entsprechend gekennzeichnet.
Die Abkürzungen bedeuten:
NP = Helme – mit integriertem Helmbügel; Bügel mitgeprüft
P = Kinnschutz – wurde mitgeprüft;
J = Jethelm – Kinnschutzprüfung entfällt, da nicht vorhanden
Mist Retardant – Helm ist mit beschlagungshemmendem Visier ausgerüstet;
Prüfzeichenmuster nach ECE-R 22.05 Norm gilt für Integral-, Klapp-, Jet- oder Crosshelme gleichermaßen.
Der Helmtest nach ECE-R 22.05
Prüfroutine und Prüfsiegel
Seitenfestigkeit
Oberfläche der Helmschale. Diese muss so beschaffen sein, dass diese beim Aufschlag auf Asphalt gleitet und nicht verkantet. Ferner wird die Innendämmung auf Größe, Form und Eignung geprüft.
Durchdringungsfestigkeit
Nachweis der Verformungssteifigkeit und Stabilität der Außenschale beim Aufschlag auf scharfkantige Körper (Bordstein) und Test der chemischen Widerstandskraft. Die Außenschale übernimmt bei genehmigten bzw. geeigneten Schutzhelmen nur ca. 5 – 10 % der Stoßdämpfung. Den weitaus höchsten Wirkungsgrad der Stoßdämpfung leistet die Innenausstattung.
Helmsicherung
Mechanismus, Handhabungssicherheit und Festigkeit von Verschluss und Riemen.
Stoßdämpfung
Innenausstattung des Helms – Fall- und Stoß-Test aus festgelegten Positionen. Die Stoßdämpfungseigenschaften werden bei unterschiedlichen Temperaturen (zwischen +50 und –20 Grad C.), unter UV- Licht, unter Lösemitteleinsatz und Feuchtigkeit getestet.
Visiere
Stoß- und Kratzfestigkeit und Prüfung der Oberflächengüte (Durchdringungssicherheit) des Visierausschnitts im Gesichtsfeld.
Im Zuge der Prüfmaßnahmen nach ECE-R. 22.05 werden die Eigenschaften fest eingebauter oder nachrüstbarer Wechselvisiere getestet. Geprüft werden neben der sicheren Handhabung der Öffnungswinkel, das Streulichtmaß und die Lichtbeeinflussung auch nach Beschädigung oder Abrieb. Für die uneingeschränkte Zulassungsfähigkeit der Visiere ist eine Lichtdurchlässigkeit von mind. 80 % gefordert. Bei Lichtdurchlässigkeit von 50 – 80 % (Tönung) erfolgt eine Kennzeichnung des Visiers für den ausschließlichen Tageslichtbetrieb. Verspiegelte Visiere erreichen diesen Lichttrans- missionsgrad in aller Regel nicht und sind deshalb für den Gebrauch im öffentlichen Straßenverkehr nicht geeignet und nicht zugelassen.
Rotationsbeschleunigung
Sitzfestigkeit des Helms! Nach dem Aufschlag darf sich der Helm / die äußere Helmschale nur minimal in seiner Sitzposition verändern.
Etikette/Prüfsiegel
ECE-Prüfzeichen muss dauerhaft angebracht/eingenäht und mit Klarsichtfolie geschützt sein!
Schlagfestigkeit
Prüfung der Schlagfestigkeit:
Mehrere Helme einer Produktserie werden regelmäßig durch die Prüfbehörde auf einem vertikalen Schlitten fixiert. Der Helm wird in fünf unterschiedlichen Positionen ausgerichtet. Beim anschließenden Fall-Test müssen die zu prüfenden Helmsegmente
- Stirn
- rechte und linke Helmseite
- Scheitel und
- Hinterkopf
aus ca. 290 cm Höhe mit einer Geschwindigkeit von 7,5 m/s (ca. 27 km/h) auf einer Metallfläche aufschlagen. Dabei sind die Positionen der zu messenden Aufschlagpunkte exakt vorgegeben. Als Aufschlagpunkte sind hierbei fahrbahntypische Gefahrenstellen wie ebene Fahrbahn und Bordsteinkante zu simulieren.
Ein in den Helm integriertes Instrument misst bei allen vorgeschriebenen fünf Falltests die Dämpfungswirkung. Dabei darf der max. negative Verzögerungswert von 275 g (g= 9,81 m/s²) nicht überschritten werden.
Mit einer Vergleichsrechnung wird anschließend der sog. HIC-Wert (Head Injury Criterion) ermittelt, der das rechnerische Maß von 2400 nicht überschreiten darf und ein Maßstab für Art und Ausmaß der zu erwartenden Kopfverletzungen ist. (Bei der Nachprüfung von Serienprodukten sind Toleranzen zu berücksichtigen) Helme mit festen Kinnteilen (Integralhelm) werden zur Prüfung dieser Festigkeitszone mit einer Aufprallgeschwindigkeit von 5,5 m/s aus ca.155 cm Höhe zur Simulation eines Frontalcrash getestet. Gute Helme zeichnen sich durch einen niederen Verzögerungswert der Helmschale und eine möglichst kurze Krafteinwirkung auf den Kopf aus. Die Außenschale hat meist nur optische oder eine technische Funktion, während die Innenschale über 90 % der Energie des Schlagimpulses aufnehmen und absorbieren muss.
Zuglastprüfung
Zuglastprüfung am Kinnriemen:
Am geschlossenen Kinnriemen wird ein Gewicht von insgesamt 15 kg angehängt. Dabei darf sich der Kinnriemen max. 2,5 cm verschieben. Anschließend wird der Kinnriemen einem dynamischen Zugtest unterzogen: Bei einer Fallstrecke von 75 cm dürfen 10 kg des angehängten Gewichts den Kinnriemen um max. 3,5 cm verschieben.
Abstreiftest
Abstreiftest:
Der Helm wird auf eine Kopfattrappe aufgesetzt und der Kinnriemen verschlossen. Über ein Seilzugsystem wird der Helm zunächst mit einem Zuggewicht von 3 kg belastet. Anschließend wird der Helm über ein ebenfalls am Seilzugsystem befestigtes Gewicht einer Zuglast von 10 kg ausgesetzt, indem das Gewicht mit einer Falltiefe von 50 cm den festen Sitz des Helms testet. Bei dieser Testversion darf sich der Helm max. um 30° nach vorne neigen.
Anmerkungen
Amerikanisches Genehmigungszeichen: Dot = Department of Transportation
Obwohl amerikanische Motorradhelme meist hohen Qualitätsanforderungen genügen, ist auf eine Homologation des DOT-Prüfzeichens mit ECE-R 22.05 zu achten. Ein DOT-Prüfsiegel ohne Homologation gibt keine Gewähr, dass die Mindestanforderungen nach ECE-R 22.05 erreicht werden.
Der Helmtest nach ECE-R 22.06
Änderungen zu ECE-R 22.05:
- höhere Aufprallgeschwindigkeit bei frei wählbarem Anprallpunkt
- modular aufgebaute Helme (z.B. Klapphelme) werden mit und ohne aufgeklapptem Kinnteil geprüft
- integrierte Sonnenblenden werden stärker begutachtet
- Visiere müssen widerstandsfähiger sein
- neue Aufpralltestmethode der Rotationsbeschleunigung
- reflektierende Oberflächen oder Aufkleber, je nach nationaler Vorgabe
- Erweiterung der Helmabstreifprüfung nach hinten